Hat die Medizin den Menschen vergessen? – Was sie im 21. Jahrhundert leisten kann u. wo sie dabei ist, sich in Irrwegen durch „Monetik vor Ethik zu verlaufen
Ich werde niemandem, nicht einmal auf ausdrückliches Verlangen, ein tödliches Medikament geben, und ich werde auch keinen entsprechenden Rat erteilen. Hippokrates.
Der ärztliche Eid nach dem antiken griechischen Arzt Hippokrates ist zeitlos noch im21.Jahrhundert gültig: Verpflichtung zur Hilfeleistung?Verschwiegenheit und Achtung menschlichen Lebens sind auch bei aller medizinischen Gegenwartsproblematik unangetastet. Dennoch: Es wurde ein Paradigmenwechsel eingeläutet, im Grunde schon, zur Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Naturwissenschaften und der Positivismus im Denken aufblühten. Mit beinahe religiöser Inbrunst wurde an Logik und Objektivität festgehalten, nichts Magisches aus der Vergangenheit durfte mehr geduldet werden.
Was aber bedeutet ein Paradigmenwechsel? Ein Paradigma im heutigen Sprachgebrauch besteht nach dem amerikanischen Wissenschaftshistoriker und
Philosophen Thomas Kuhn aus den “gemeinsamen, im Großen und Ganzen ungeschriebenen Spielregeln, die die wissenschaftliche Praxis eines
Forscherkollektivs bestimmen”.
Mit dem “Paradigma der Medizin im 21, Jahrhundert” beschäftigte sich ein Symposion der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste in
Salzburg. Wo sollte der Wechsel liegen, wenn für den ärztlichen Berufsstand der Hippokratische Eid nach wie vor gilt?
Geht man von der Patientenseite aus, so sieht man einen nicht unbedeutenden Vertrauensverlust. Denn es haben in diesem Bereich Verwerfungen
stattgefunden,wieRobertGmeinervomBundeskanzleramtzeigte,die,trotzdem dieMedizinimmerbesserwird,denLebensbereichdesMenschenmediatisieren.
Ja, mit dem Wissen um erhöhte Wahrscheinlichkeit, eine Erkrankung auszubilden, eine Pathologisierung (Krankmachung) der Gesellschaft verursachen. Medizin wird auf Technik reduziert. Geht Allianzen mit anderen Fächern ein und verliert so ihr Profil. Die Nano-, Bio-, Informations- und Kognitionswissenschaften (NBIC) sind in ihrer Kombination eine derartige Technik der Zukunft auch in der Medizin.
HatdieMedizindabeidenMenschenvergessen?DieKritikandergegenwärtigen Schulmedizin weist auf die Entpersönlichung des Menschen, der als Kranker
nicht mehr Subjekt, sondern Objekt des ärztlichen Handelns geworden ist. Deshalb lautet eine der Forderungen: Zurück zur Heilkunde, soweit die Medizin
nicht unverzichtbar ist, die sich am Kranken orientiert. Wenn Medizin eine Beziehung zwischen Arzt und Patienten ist, diese Beziehung auf gleicher
Augenhöhe stattfinden soll, dann, so meinen die Fachleute, müsse man von Paternalismus und Überdiagnose abrücken.
Ein zentrales Problem der erfolgreichen Medizin wird in Zukunft, das wurde wiederholt vorgebracht, das Altern sein. “Die Medizin muss überlegen, was sie
will, wenn sie uns überleben lässt”, sagte der Frankfurter Hirnforscher Wolf Singer zum Thema Degenerationserkrankungen. Der Arzt sollte das Seelenleben
des Patienten berücksichtigen, meinte der Eichstätter Philosoph Nikolaus Lobkowicz, In diese Richtung sprach auch der Münchener Philosoph und
Theologe Eugen Biser, der den Arzt als Kämpfer auf verlorenem „Schlachtfeld“ sieht, aber betonte, dass Worte aufbauen, trösten, heilen könnten; und das
werde zu wenig in die ärztliche Praxis integriert.
Bei all dem, was zur Ökonomie des Gesundheits- bzw. Krankheitswesens gesagt wurde, machte der Heidelberger Jurist Paul Kirchhof die Aufgaben des Arztes
deutlich: Krankheiten heilen, Schmerzen lindern und Altern verlangsamen. Hat also die Medizin den Menschen vergessen? Es gilt, das Vertrauen des
Patienten wieder zu gewinnen und das zu versuchen, was dem Einzelnen angemessen ist: Das ist das maßvoll Zugemessene. Auszug SN
Nicht nur der Eid nach dem griechischen Gelehrten Hippokrates ist für die Ärzte bindend, sondern auch das Genfer Gelöbnis. Dies wurde in Anlehnung an den
HippokratischenEid1948inGenfvomWeltärzteverbandbeschlossenundregelt dieBerufspflichten. DasGelöbniswurdeu.a. reformiertund beinhaltetnun auch
die Würde der Patienten, aber auch auf die eigene Gesundheit zu achten.
Institut „Pro Natura & Gesund Leben“ International